Antidepressiva als neuer Akteur bei der Antibiotikaresistenz?

Die Resistenz gegen antimikrobielle Mittel ist weitgehend auf den übermäßigen und falschen Einsatz von Antibiotika zurückzuführen. Der Einfluss anderer Medikamente auf diesen Prozess wird jedoch oft übersehen. Kürzlich haben australische Wissenschaftler in einer in der Zeitschrift PNAS veröffentlichten Studie gezeigt, dass bestimmte Antidepressiva wie Sertralin und Duloxetin bei E. coli eine Resistenz gegen verschiedene Antibiotika hervorrufen können. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Auswirkungen von nicht-antibiotischen Arzneimitteln auf die Antibiotikaresistenz zu berücksichtigen.

Antibiotika können vielfältige Off-Target-Effekte sowohl auf krankheitsverursachende als auch auf nicht krankheitsverursachende Bakterien sowie auf die Physiologie des Wirts haben. Der Darm enthält die größte Konzentration von Bakterien im Körper und ist ein häufiges Ziel für antimikrobielle Mittel. Breitspektrum-Antibiotika können beispielsweise das Darmmikrobiom für Wochen oder sogar Monate verändern. Der menschliche Körper enthält etwa 1 kg Bakterien, die als Darmmikrobiota bezeichnet werden. Diese Bakterien produzieren alle wichtigen zentralen Neurotransmitter wie Serotonin und GABA, die über das enterische Nervensystem und den Vagusnerv Signale an das Gehirn weiterleiten können.

Die Verbindung zwischen Darm und Gehirn und die antibiotikaähnliche Rolle von Antidepressiva

Die Entdeckung von Isoniazid, dem ersten Antidepressivum, das ursprünglich als antibakterielles Medikament zur Behandlung von Tuberkulose entwickelt wurde, hatte unerwartete Nebenwirkungen in Form einer Verbesserung von Stimmung und Schlaf. Dies war der Auslöser für die “Monoamin-Hypothese der Depression” und die Entwicklung mehrerer Klassen von Antidepressiva. Neuere Studien haben gezeigt, dass einige Antidepressiva, wie z. B. Fluoxetin, unter bestimmten Umständen eine antibakterielle Wirkung haben.

Antidepressiva können jedoch auch die Empfindlichkeit von Mikroorganismen gegenüber antimikrobiellen Mitteln verändern und die Ausbreitung von Genen der Multiresistenz fördern. Bei der Verschreibung und Verwendung von Antidepressiva sollten deren Auswirkungen auf die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen und die Folgen der Erschöpfung des derzeitigen Antibiotika-Arsenals berücksichtigt werden. Angesichts des zunehmenden Konsums von Antidepressiva, insbesondere in den westlichen Ländern, wo sie einen erheblichen Teil des Arzneimittelmarktes ausmachen, ist es wichtig, die möglichen Auswirkungen auf die Antibiotikaresistenz zu berücksichtigen. Depressionen sind eine Priorität des Mental Health Gap Action Program (mhGAP) der Weltgesundheitsorganisation.