Künstliche Intelligenz revolutioniert die Medikamentenentwicklung bei Bristol Myers Squibb

Die Hoffnung auf künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML) hat die Pharmabranche schon lange begeistert. Jetzt setzt Bristol Myers Squibb (BMS) diese Technologien ein, um nicht nur potenzielle Wirkstoffe zu entwickeln, sondern auch deren Wirksamkeit und Sicherheit vorherzusagen – noch bevor klinische Studien beginnen. Mike Ellis, Senior Vice President und Leiter der Abteilung Discovery & Development Sciences bei BMS, erklärt: „Wir gehen nicht ins Labor, um etwas herzustellen, wenn wir nicht eine gute Vorstellung davon haben, wie die Prognose aussieht. Was macht uns neugierig? Was können wir von diesem Molekül lernen? Und welche Bedenken müssen wir im Labor klären?“ Ellis leitet die KI-Initiativen von BMS, darunter die Entwicklung eigener KI/ML-Tools, die sowohl den Erfolg als auch mögliche Risiken vorhersagen können – noch bevor die Moleküle synthetisiert werden. „Zum Beispiel könnten sich später Sicherheitsrisiken zeigen“, so Ellis. Alle kleinen Molekülprogramme von BMS nutzen nun KI, um Eigenschaften wie Wirksamkeit vorherzusagen – ein großer Fortschritt gegenüber nur 5 % im Jahr 2021. Ähnliche Ansätze wendet BMS auch bei fast der Hälfte seiner großen Molekülprojekte an. Die Optimierung der Forschung und Entwicklung (F&E) war schon immer wichtig, wird aber durch drohende Patentabläufe noch dringlicher. BMS und andere Pharmariesen stehen vor Milliardenverlusten, da Medikamente wie Revlimid, Pomalyst und Sprycel bald keine Exklusivität mehr haben. „Wir verbessern, was wir herstellen und wie wir es untersuchen – basierend auf Vorhersagen“, sagt Ellis. Diese Patentverluste und die steigende Sparsamkeit in der F&E zwingen Unternehmen, KI einzusetzen, um die klinische Entwicklung zu beschleunigen und Risiken zu minimieren. Pfizer hat kürzlich seine Zusammenarbeit mit dem KI-Unternehmen XtalPi ausgeweitet, um präzisere Vorhersagemodelle für kleine Moleküle zu entwickeln. Auch Amgen-CEO Bob Bradway betonte, dass sein Unternehmen KI nutzt, um schneller die richtigen Moleküle auszuwählen und den empirischen Versuch-und-Irrtum-Ansatz zu umgehen. Ellis war zuvor Executive Director für Chemie bei Celgene, bis BMS das Unternehmen 2019 übernahm. Zuvor arbeitete er im Team für medizinische Chemie bei Merck & Co. Als Chemiker hat er schon immer mit Computermodellen gearbeitet, auch in seiner Doktorarbeit und Postdoc-Zeit. „Bereits als ich dem Team für medizinische Chemie beitrat, saßen wir mit Computerexperten zusammen und diskutierten Programme. Das zeigt die Veränderung in der Denkweise der Laborexperten und spiegelt wider, wie wir unsere Teams umgestaltet haben – mit mehr Computerexperten und einem höheren Verhältnis von Computerexperten zu Laborexperten“, sagt Ellis. Er glaubt, dass die Branche – und BMS – an einem Wendepunkt für den Einsatz dieser Tools steht. Es gibt immer mehrere Lösungen für ein Problem, und entsprechend auch mehrere Moleküle, die sicher und wirksam sein könnten. Das „Predict-First“-Modell von BMS erhöht die Wahrscheinlichkeit, die vielversprechendsten Moleküle auszuwählen, indem KI frühzeitig Entscheidungen leitet, bevor Ressourcen im Labor gebunden werden. Zwar ist die Suche nach dem richtigen Molekül immer noch wie „eine Nadel im Heuhaufen finden“, aber durch KI wird der Heuhaufen kleiner. Statt eines klassischen Screening-Ansatzes wählt man nun gezielt aus, welche Moleküle hergestellt und getestet werden. „Wir verbessern, was wir herstellen und wie wir es untersuchen – basierend auf Vorhersagen. So vermeiden wir redundante oder nur kleine Unterschiede zwischen Molekülen und gehen strategisch vor“, erklärt Ellis. Ein Beispiel für das „Predict-First“-Modell ist die Suche nach CELMoD-Mitteln gegen Sichelzellenanämie. BMS erforscht bereits CELMoD-Mittel, die Proteine abbauen, um multiples Myelom und Non-Hodgkin-Lymphom zu behandeln – positive Daten dazu wurden im Juni vorgestellt. Obwohl BMS wusste, dass es Proteine abbauen wollte, um Sichelzellenanämie zu behandeln, kam das Team an eine „Plattform“. „Wir verfolgen viele Parameter parallel. Oft zieht man an einem Faden, und ein anderer reißt. Man kann alle gewünschten Eigenschaften in einem Molekül erreichen, aber sie sind auf fünf verschiedene Moleküle verteilt. Wie bringen wir alles zusammen?“, fragt Ellis. Die Lösung: mehr Computerexperten und Modelle. Innerhalb weniger Wochen überwanden sie die monatelange Stagnation. „Als wir Vorhersagen über die wichtigsten Parameter kombinierten, bewegten wir uns in neue Richtungen. Wir fanden schnell einen besseren Weg, um alle Parameter in einem einzigen Molekül zu vereinen“, so Ellis. BMS sieht den Einsatz von Computermodellen als kulturelle Evolution – von der Auswahl der Moleküle bis zur Teamstruktur. „Wir verbinden menschliche und computergestützte Intelligenz, um die Qualität der Ideen zu verbessern und Entscheidungen zu beschleunigen. Wir sind stolz auf diese Entwicklung, und sie wird immer mehr Teil unserer Arbeit werden“, schließt Ellis.