Ist es möglich, das Vorhandensein von Krankheitserregern im Urin innerhalb von 40 Minuten zu bestimmen?

Am 21. März veröffentlichte das britische National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE) einen Empfehlungsentwurf für den Einsatz von Point-of-Care-Tests zur Verbesserung der Verschreibung antimikrobieller Mittel bei Harnwegsinfektionen (UTI). Die potenziellen Vorteile der Schnelldiagnostik wurden hervorgehoben, doch sind weitere Daten zur Testgenauigkeit erforderlich, bevor sie im nationalen Gesundheitsdienst (NHS) eingesetzt werden können. Die endgültige Verabschiedung der Empfehlungen ist für den 4. Mai 2023 vorgesehen. Die neuen Tests, die derzeit nicht für den routinemäßigen Einsatz im Gesundheitswesen empfohlen werden, können erneut in Betracht gezogen werden, wenn der Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht wird. Die öffentliche Konsultation wird bis Ende März fortgesetzt.

Der Einsatz von Point-of-Care-Tests zur Verbesserung der Verschreibung antimikrobieller Mittel bei Harnwegsinfektionen könnte die Art und Weise, wie solche Infektionen diagnostiziert und behandelt werden, möglicherweise revolutionieren. Der NICE-Bericht nennt vier Tests, die vielversprechende Ergebnisse innerhalb einer Stunde liefern und von medizinischem Fachpersonal außerhalb eines Labors in der Primärversorgung durchgeführt werden können. Die Entwickler der Technologie behaupten, dass sie das Vorhandensein von Bakterien in einer Urinprobe in weniger als 15 Minuten bestimmen können. Innerhalb von 40 Minuten lässt sich das Vorhandensein der sechs häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen im Urin oder die Empfindlichkeit der Erreger gegenüber den fünf am häufigsten verschriebenen Antibiotika bestimmen.

Das derzeitige Verfahren zur Diagnose von Harnwegsinfektionen umfasst eine Kombination aus klinischen Symptomen, Teststreifen und Labortests, wobei die Bestimmung der Empfindlichkeit der Mikroflora bis zu 72 Stunden dauert. Im Gegensatz dazu bieten die neuen Point-of-Care-Tests schnelle Ergebnisse, mit denen medizinisches Fachpersonal schnell und genau feststellen könnte, ob eine Antibiotikatherapie gerechtfertigt ist. Dies würde dazu beitragen, den Einsatz von Antibiotika bei Harnwegsinfektionen zu rationalisieren und das Risiko von Antibiotikaresistenzen und anderen Komplikationen im Zusammenhang mit einer falschen Verschreibung zu verringern.

Die Notwendigkeit einer verbesserten Diagnostik von Harnwegsinfektionen geht aus dem NICE-Bericht hervor, aus dem hervorgeht, dass 1/5 aller in England im Zeitraum 2019-2020 verschriebenen Antibiotika für niedriggradige Harnwegsinfektionen verwendet wurden. Dies zeigt, wie wichtig es ist, den unnötigen Einsatz von Antibiotika bei diesen Infektionen zu reduzieren, da eine falsche Diagnose oder die Verschreibung eines unwirksamen Antibiotikums zu chronischen Erkrankungen und Sepsis führen kann.

Obwohl die potenziellen Vorteile von Point-of-Care-Tests vielversprechend sind, bedarf es weiterer Forschung, um ihre klinische und kosteneffektive Wirkung zu bestimmen. So läuft beispielsweise bereits die TOUCAN-Studie zur Untersuchung des Einsatzes von Schnelldiagnosen bei Harnwegsinfektionen. Der Expertenausschuss wird erneut zusammentreten, um die Erkenntnisse zu prüfen und die Empfehlungen gegebenenfalls zu überarbeiten.

Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die NICE-Empfehlungen kein Verbot der Verwendung von Point-of-Care-Tests für Harnwegsinfektionen darstellen, sondern eher ein Aufruf zur Vorsicht, bis mehr Daten über deren Genauigkeit und Wirksamkeit vorliegen. Dieser Ansatz spiegelt die Notwendigkeit wider, den potenziellen Nutzen der Schnelldiagnostik mit der Notwendigkeit einer evidenzbasierten Verschreibung und der Verringerung der Antibiotikaresistenz in Einklang zu bringen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der potenzielle Nutzen von Point-of-Care-Tests für Harnwegsinfektionen klar ist, dass jedoch mehr Beweise erforderlich sind, um ihren Einsatz im NHS zu unterstützen. Die NICE-Empfehlungen enthalten Leitlinien für den Einsatz dieser Tests und fordern weitere Forschungsarbeiten zur Ermittlung ihrer klinischen und kosteneffektiven Wirksamkeit. Da das weltweite Problem der Antibiotikaresistenz weiter zunimmt, ist die Entwicklung wirksamer und genauer Diagnoseinstrumente wichtiger denn je, und die potenziellen Vorteile von Point-of-Care-Tests für Harnwegsinfektionen könnten bei der Bewältigung dieser Herausforderung von großer Bedeutung sein.